Ein dreiblättriges Kleeblatt das Glück verheißt

Der ruhmreiche Athener Sportklub Panathinaikos feiert in diesem Jahr sein 100jähriges Bestehen. In die Freude und den Stolz hierüber mischen sich allerdings auch Ernüchterung und Enttäuschung. Gerade die Fußballabteilung konnte ihren Ansprüchen in der jüngeren Vergangenheit nur selten gerecht werden. Fanproteste im Jahr des Jubiläums bildeten den traurigen Höhepunkt. Ein kurzes Porträt

Es begann vor etwas mehr als 100 Jahren. Athen war ein gemütliches Städtchen, die Millionengrenze noch in weiter Ferne. Da entdeckte der Leichtathlet Giorgos Kalafatis seine Leidenschaft für den Fußballsport. Im Verein Panellinios eingetragen, hielten die dortigen Verantwortlichen jedoch wenig von diesem proletarischen Spiel. Kalafatis ergriff daraufhin Eigeninitiative. Gemeinsam mit Freunden und Verwandten gründete er im Jahr 1908 den Athener Fußballverein. Es folgten mehrere Namensumbenennungen und erst 16 Jahre später trat der Klub endgültig als Panathinaikos auf. Seine Sportler waren zunächst auch bei der Wahl der Vereinsfarben wenig konsequent. Der Vorfall, der sie vom Tragen roter Hemden Abstand nehmen ließ, ist Legende. Während eines Fußballspiels der so gekleideten Mannschaft stürmte das Rindvieh einer benachbarten Weide den Platz. Die Spieler mussten schnell feststellen, dass es der Bulle insbesondere auf die roten Leibchen abgesehen hatte. Panikartig rissen sie sich diese vom Körper und sollten sie fortan auch nie mehr tragen.

Etwas entspannter ging schließlich die Wahl der Vereinsfarbe Grün vonstatten. Während einer Mitgliederversammlung im Jahr 1919 schlug der Athlet und spätere Präsident Michalis Papazoglou neben dieser Farbe auch ein dreiblättriges Kleeblatt als Emblem vor. Sie erinnerten beide an seinen Konstantinopler Stammverein Chalkidona.

In diesem Outfit traten die Spieler von Panathinaikos Jahrzehnte später an, um die erste Griechische Meisterschaft zu gewinnen. Die Saison 1959/60 stellte für alle beteiligten Teams Neuland dar. Der Athener Klub konnte Dimitris Domazos im Tausch für ein Paket Sportkleidung verpflichten. Das 17jährige Talent hatte zuvor beim benachbarten Amateurverein Amina Ambelokipon gegen den Ball getreten. Bei Panathinaikos entwickelte sich der junge Mann zu einem der besten griechischen Fußballer aller Zeiten. Seine Schwindel erregenden Dribblings und präzisen Pässen machten ihn zum Gehirn und Herzen einer Mannschaft, die schon bald grüner Mythos genannt werden sollte. Die Saison 1963/64 ging ohne ein verlorenes Spiel zu Ende. Im folgenden Jahr verhinderte wiederum die Defensivabteilung 1088 Minuten ein Gegentor.

Auch international erregte der Klub Aufmerksamkeit. Als erste und einzige Mannschaft Griechenlands erreichte Panathinaikos das Finale des Europapokals der Landesmeister. Eines Pokals der heute in der Champions League ausgespielt wird. Im legendären Wembley-Stadion hieß der Gegner am 2. Juni 1971 Ajax Amsterdam. Zirka 20.000 griechische Anhänger hatten den Weg in den Londoner Nordwesten gefunden, um ihr Team zu unterstützen. Doch die Jungs von Trainer Ferenc Puskas mussten gegen die favorisierten Niederländer Lehrgeld bezahlen und verloren 0:2.

Mit dem Finaleinzug stieg das Anspruchsdenken der Verantwortlichen im Verein. National besaß Panathinaikos nach wie vor eine der besten Mannschaften. International konnte das Team allerdings nicht mit den Schwergewichten des europäischen Fußballs konkurrieren. Zudem geriet der Klub in eine finanzielle Schieflage. In der Not sprang die einflussreiche Industriellenfamilie Vardinogiannis ein. Sie erwarb den Klub im Jahr 1979 und sorgte für die nötige ökonomische Stabilität. Eine europäische Spitzenmannschaft aus Panathinaikos zu formen, gelang jedoch auch ihrem Engagement nicht. Ganz im Gegenteil. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr 2008 zeigten die Kicker eine durchschnittliche Leistung. Die Fans reagierten Mitte April auf das Dargebotene und zogen protestierend durch Athen. „Haut ab, lasst Panathinaikos seinen Weg finden“, riefen viele der zirka 30.000 Anhänger. Womit sie primär die Eigentümer des Vereins, die Familie Vardinogiannis, meinten. In deren großem Einfluss sie den Hauptgrund für die Miesere erkannten.

Tatsächlich stehen dem Klub Zeiten des Umbruchs bevor. An einer goldenen Zukunft wird seit September im wahrsten Sinne des Wortes gebaut. Das altehrwürdige Apostolos-Nikolaidis-Stadion – benannt nach dem ehemaligen Athleten, Spieler und Präsidenten von Panathinaikos – fällt Abrissmaßnahmen zum Opfer. Die Zukunft besteht aus einer schönen aber auch verwechselbaren Fußballarena. Versehen mit einem Sponsorennamen wird sie lange brauchen, um dem alten Stadion im Quartier in direkter Nähe des Lykavitos emotional Paroli bieten zu können. Sie ist vielmehr Bestandteil eines modernen Sportkomplexes, der anzeigt, dass Panathinaikos mit seinen über 20 Sportabteilungen nicht ausschließlich ein Fußballverein ist. Doch gerade dieser liegt den meisten Grünen am Herzen. Und so werden sie auch zum neuen Stadion pilgern und das Vereinslied anstimmen: „Σύλλογος μεγάλος δεν υπάρχει άλλος“ („Einen Verein so groß wie dich, gibt es nicht…“).

Berlin, den 17. November 2008 / Erschienen in der Griechenland Zeitung