Rezension: Heinz A. Richter Geschichte der Insel Zypern Band IV: 1965-1977 (Teil 1 und 2)

Ruhpolding: Verlag Franz Philipp Rutzen 2009
In Kommission bei Harrassowitz Verlag Wiesbaden, Seiten 735
ISBN 978-3-939646-33-5
ISBN 978-3-447-05943-5

 

 

Im vierten Band seiner lesenswerten Geschichte der Insel Zypern bespricht Heinz A. Richter die Entwicklung des Landes vom Ende des zypriotischen Bürgerkrieges 1965 bis zum Tod des langjährigen zypriotischen Präsidenten Makarios im Jahr 1977. Der Band gliedert sich in vier Teile, die wiederum vier Perioden der zypriotischen Geschichte entsprechen.

 

Zunächst beleuchtet Heinz A. Richter die späten 60er Jahre und legt dabei die politische Instabilität des Landes offen. Staatschef Makarios bekannte in dieser Phase öffentlich, dass die von vielen griechischen Zyprioten gewünschte Vereinigung Zyperns mit Griechenland aufgrund vorherrschender Realitäten nicht machbar sei. Ein Kurswechsel, der zu Spannungen mit Befürwortern der Vereinigung führte. In einem nationalistisch aufgeladenen politischen Klima torpedierten radikale Kräfte durch gewalttätige Übergriffe das Bemühen eines interkommunalen Dialogs zwischen griechischen und türkischen Inselbewohnern und schreckten selbst vor einem Attentat auf Makarios nicht zurück.

 

Die zweite Periode kann mit dem Weg in die Katastrophe überschrieben werden. Heinz A. Richter schildert anschaulich die terroristischen Aktivitäten der griechisch-zypriotischen Untergrundbewegung EOKA B, deren Ziel eine Vereinigung Zyperns mit Griechenland war. Die blutige Kampagne der EOKA B spaltete nicht nur die griechisch-zypriotische Gemeinschaft in die Fraktionen der Makarios-Anhänger und Makarios-Gegner sondern stärkte gleichzeitig auch die Verfechter separatistischer Losungen innerhalb der türkisch-zypriotischen Bevölkerung.

In die Auseinandersetzungen mischte sich schließlich die Athener Junta ein. Um ihre schwindende Macht in Griechenland zu stoppen, setzte sie auf einen außenpolitischen Erfolg und organisierte einen Putsch auf Zypern. Dessen Abschluss, sofern erfolgreich, zur Vereinigung der Insel mit Griechenland führen sollte.

 

Im dritten Teil seines Bandes beschreibt Heinz A. Richter den dramatischen Verlauf und die tragischen Konsequenzen des von griechisch-zypriotischen Nationalgardisten ausgeführten Umsturzes. Präsident für kurze Zeit wurde der als Türkenkiller berüchtigte Nikos Sampson. Neben den türkischen Zyprioten reagierte auch die türkische Regierung in Ankara besorgt. Wissend, dass die US-amerikanische Außenpolitik die Türkei als strategischen Partner in der Region benötigte und daher nicht eingreifen würde, ließ sie die Interventionsoperation Attila anlaufen. Sie führte zur Besetzung eines Teils der Insel und war begleitet von Gräueltaten auf beiden Seiten.

 

Heinz A. Richter schließt seinen Band mit einer Beschreibung der Verhandlungen über die politische Zukunft Zyperns in den ersten Jahren nach der Besetzung. Hier wurden Grundlagen geschaffen, die noch heute das Leben auf der Insel prägen. Ferner analysiert er die Rolle, die Makarios, eine herausragende Persönlichkeit der zypriotischen Politik dieser Zeit, spielte.

 

Der Autor zählt zu den wenigen deutschen Experten der zypriotischen Geschichte. Bereits seit Jahrzehnten setzt er sich kenntnisreich mit den politischen Entwicklungen auf der Mittelmeerinsel auseinandersetzt. Dies ist der Abhandlung deutlich anzumerken. Der vierte Band der Geschichte der Insel Zypern ist ein faktenreich und spannend zu lesendes Standardwerk. Die Darstellung konzentriert sich nicht ausschließlich auf den engen innerzypriotischen Kontext. Sie bindet gleichermaßen außerzypriotische Akteure mit ein. Auf diese Weise entsteht ein umfassendes Bild der damaligen Ereignisse. Der Band beschreibt sie detailliert und bleibt trotzdem ein kurzweilig zu lesendes Werk von 735 Seiten. Zur besseren Handhabung ist es aufgeteilt auf zwei Bücher. Der vierte Band der Geschichte der Insel Zypern ist eine Empfehlung für all diejenigen, welche die entscheidenden Jahre der jüngeren zypriotischen Geschichte rekapitulieren und dadurch mehr über die Ursprünge der heutigen Situation auf der Insel erfahren möchten.

Berlin, den 20. Mai 2009 Erschienen in den Südosteuropa Mitteilungen